ARMIN VÖLCKERS ÜBER »LEROY«

»Wir kriegen euch alle«

Über Rassismus und Komödien über Nazis


Die Kritik zum Film

Eine Komödie über Rassismus - geht das in Deutschland?
Ich habe vier Jahre gebraucht, um eine schwarze Hauptfigur durchzusetzen. Es wurde immer behauptet, das interessiert das deutsche Publikum nicht. Ich habe geantwortet, dass Martin Lawrence und Denzel Washington ja auch in Deutschland ihr Publikum finden. Zum Glück hat beim ZDF "Das kleine Fernsehspiel" dann das Projekt ermöglicht.
Waren Sie sich sicher, dass Neonazis als Komödienfiguren funktionieren?
Das Tabu haben ja schon Walter Moers oder Dani Levy gebrochen. Werner Finck hat schon in den 50er Jahren Witze über die Nazis gemacht (nebenbei: Werner Finck hat schon in den 30ern Witze über Nazis gemacht; die Red.). Außerdem muss man bei den Neonazis auch Unterschiede machen. Häufig ist es ja nur eine Kostümierung, und der politische Hintergrund wird unreflektiert übernommen. Es gibt viele Neonazis, die sich unheimlich ernst nehmen, aber politisch nichts drauf haben. Da soll man ruhig auch einmal drüber lachen können. Gefährlich sind die, die direkt in der Politik tätig sind. Aber die sind in Deutschland zum Glück noch nicht so zahlreich wie etwa in Frankreich.
Leroy macht den Eindruck, dass er durch Eva das erste Mal Rassismus erlebt. Ist das nicht unrealistisch?
Es gibt dazu zwei Lesarten. Die eine heißt: Verdrängung. Rassismus ist heute in Deutschland so häufig und man kann so wenig dagegen tun, dass man ihn als Afrodeutscher verdrängen muss, um glücklich sein zu können. Alle zwei Wochen sagt jemand Bimbo, spuckt einen an oder ruft aus dem Autofenster: "Wir kriegen euch alle.". Alle afrodeutschen Schauspieler, die ich gecastet habe, hatten solche Erlebnisse und nicht nur einmal im Jahr, sondern regelmäßig. Leroy kann diesen Rassismus nun durch die Liebe zu Eva nicht mehr verdrängen. Die andere Lesart ist, dass Leroy wirklich wenig Erfahrungen in diese Richtung hat, weil er in einem multikulturellen Kiez lebt und auf eine tolerante Schule geht, in der es viele Migrantenkinder gibt.
Ist Leroy naiv?
Leroy glaubt an das Gute im Menschen. Er ist nicht naiv, sondern optimistisch. Dieser Optimismus erweckt ihn aus seiner Passivität. Mir war es wichtig, dass wir die Geschichte aus seiner Perspektive erzählen. Denn für viele Deutsche ist es nicht klar, dass man als Schwarzer auch Deutscher sein kann. Für einen Afrodeutschen ist das vollkommen selbstverständlich. Der fühlt deutsch, der redet deutsch, geht aufs Konservatorium oder isst in der Kantine der "Dresdner Bank". Er ist ganz normal deutsch, aber in der Wahrnehmung der Anderen ist er es eben nicht.

Interview: Martin Schwickert